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Werden
die Balladen des großen alevitischen Künstlers Mahzuni Serif je
an ihrer gesellschaftspolitischen Aktualität und Aussage einbüßen?
Wohl kaum. Mahzuni hat in seinen mehr als 1000 Liedern den Humanismus
im Allgemeinen und die alevitische Philosophie im Speziellen als
Maßstab seines künstlerischen Weges genommen. Mit Sehnsucht haben
wir immer auf seine neuen Werke gewartet und Millionen von uns
sind damit groß geworden. Viele andere Künstler haben seine Lieder
weiter gesungen und sind damit berühmt geworden. Mazuni Serif,
der 1939 im kleinen Dorf Bercenek geborene "kleine" große Asik
(Volksmusiker, die Texte ihrer Balladen selbst dichten und auch
die Melodie dazu selbst komponieren), der in seinen Liedern die
Ungerechtigkeit und Willkür, Unterdrückung und Ausbeutung, Ausgrenzung
und Stigmatisierung sowie religiöse Dogmen anprangerte, Gerechtigkeit
und Recht, Wohlstand und Menschenrechte für alle, Respekt gegenüber
Andersdenkende und Andersglaubende forderte, ist nicht mehr unter
uns. Mit 62 Jahren starb er am 17. Mai in Köln an Herzinfarkt.
Er
war Absolvent der Militärakademie und hätte als Offizier der türkischen
Armee eine der sichersten Karriere in der Türkei machen und ein
gutes Leben führen können. Stattdessen nahm er seine "Saz", ein
Seiteninstrument, in die Hand und machte sich auf den beschwerlichen
und, - wie er später immer wieder erleben musste -, lebensgefährlichen
Weg, auf seine Art und Weise Aufklärung unter dem Volk zu betreiben.
Den staatlichen Institutionen in der Türkei war er wegen seiner
provozierenden und zum demokratischen und kritischen Ungehorsam
auffordernden Liedern ein Dorn im Auge, und das war Grund genug
für zahlreiche Inhaftierungen und gerichtliche Verfahren gegen
ihn. Für einige linke Dogmatiker war er "zu weich" und für einige
Hartgesottene sogar "Sozialfaschist", weil er sich deren meist
wirklichkeitsfremden Theorien nicht anschloss. Seine Kreativität
gepaart mit seinem tiefen Humanismus und seiner alevitischen Überzeugung
gaben ihm die nötige Kraft und Motivation, seine unbeugsame Haltung
gegen all diese Angriffe zu wahren und uns wunderbare tiefsinnige
von Liebe und Menschlichkeit geprägte Lieder zu hinterlassen.
Mit diesen Liedern ist er mit Sicherheit der größte Dichter und
Sänger in Anatolien nach Pir Sultan Abdal, der im 15. Jahrhundert
von damaligen Herrschern mit der Todesstrafe bestraft und aufgehängt
wurde.
Mahzuni wurde von vielen zurecht als "der Pir Sultan" unserer
Zeit bezeichnet. Er hat selbst von Pir Sultan gesungen und hat
ihn in seine Kompositionen miteinbezogen, wie er in einem seiner
bekanntesten Lieder zweifelnd fragt, ob er wie Pir Sultan den
Weg zum Galgen wagen soll oder nicht (Pir Sultanlar gibi dar agacini,
bilmem boylasam mi boylamasam mi?). Mahzuni ist der Galgen, Gott
sei dank, erspart geblieben, nicht jedoch Verfolgung, Folter,
Ausgrenzung und Ignoranz sowie Zensur staatlicher Stellen. Oft
wurde die Herausgabe seiner Platten noch vor der Erscheinung durch
staatliche Stellen blockiert. Bis vor wenigen Jahren waren die
Türen der Rundfunk- und Fernsehanstalten der Türkei für Mahzuni
geschlossen. Diesem bedeutenden Künstler wurden auch Preise und
staatlich-angeordnete Auszeichnungen nicht zuteil. Auf die Frage,
wie Mahzuni dies bewerte, sagte er, dass er dies als eine große
Ehre empfinde, von solchen Ehrungen und Auszeichnungen verschont
geblieben zu sein. Traurig ist auch, dass die von der Kommerz
geprägte und von der westlichen Kultur dominierte Musikwelt nicht
in der Lage ist, Künstlern wie Mahzuni Raum zu bieten, so dass
seine künstlerische Werbung für Frieden, Humanismus, Toleranz
und Akzeptanz leider nicht noch weitere Teile der Welt hat erreichen
können, was wünschenswert wäre.
Mahzuni
hinterlässt insbesondere den nachkommenden Generationen alevitischer
Künstler ein Vermächtnis, das verpflichtet und zugleich eine große
Herausforderung darstellt. Die durch seinen Tod entstandene große
Lücke kann nicht durch ein bloßes Kopieren geschlossen werden,
sondern erfordert Kreativität und Standhaftigkeit sowie Nähe zum
Volk bei gleichzeitig avantgardistischer Vision. Dies zusammen
zu bringen stellt einen schweren Balanceakt dar und erfordert
eine große künstlerische Gabe, gesellschaftskritische Weitsicht,
Zivilcourage und unbeugsame Haltung gegenüber den Mächtigen an
der Seite der Schwächeren sowie unbeirrbare humanistische Grundeinstellung
und Internationalität.
In
seinem Nachruf hat der beste Interpret der "Saz", Arif Sag, zurecht
folgendes gesagt: In wenigen Jahren wird keine Notiz von denen
zu finden sein, die Mahzuni unrecht getan haben, Mahzuni selbst
wird jedoch mit seinen Liedern noch in 500 Jahren im Gedächtnis
der Menschen leben. Er wusste, dass dieser größte und wertvollste
Preis ihm sicher ist. Mit Respekt und in tiefem Trauer verneigen
wir uns vor dem großen Menschen und Künstler Mahzuni Serif.
Mein
Dank an Prof.Dr. SÜLEYMAN ERGÜN für diese bericht
über Mahzuni Serif !
Durch
vieles Fragen
Du
hast mich um den Verstand gebracht
Einen Stein nach dem anderen schlagend
Ich habe meinen teuren Freund gesucht
Vom Anfang bis zum Ende, durch vieles Fragen
Manche
entzünden sich, manche erlöschen
Manche steigen auf, manche steigen ab
Die Serails werden zu Ruinen
Vom Anfang bis zum Ende, durch ihr immerwährendes Sein
Tritt ein, Mahzuni, in den Garten der Freunde
Es fiel Schnee auf dem Berg der Freundschaft
Meine Jugend für mein Leben
Vom Anfang bis zum Ende, durch ständiges gespalten sein
MAHZUNÝ
ÞERÝF
Angelegenheit
dieser Welt
Es ist nicht einfach, die Angelegenheiten dieser Welt
Trockene Worte reichen nicht aus, dass ich weitermache
Über die Todesstrafe zu entscheiden
Aber es gibt das Gewissen, dass nicht zulässt das ich entscheide
Innerlich
fließen sie, die Tränen meiner Augen
Wie schwer ist er doch, der Freundschaftsstein
Ein fliegender Vogel auf dem Berg von Erciyes
Für ein blindes Auge nicht sichtbar, so dass ich ihn sehen könnte
Es
blieb keine Kraft in meinen Gliedern
Ich säte die Saat, doch konnte ich nicht Dreschen
Trotz meiner Unschuld, traf mich die Verfügung der Herrscher
Den Freund Mahzuni kann ich doch nicht ausliefern
MAHZUNÝ
ÞERÝF